Terminologiearbeit wird in vielen Unternehmen meist immer noch nur mit Technischer Redaktion und Übersetzungen in Verbindungen gebracht. Doch das sind beides Prozesse, die, betrachtet man die Meilensteine eines Produktentwicklungsprojektes, erst viel später im Rahmen eines der wichtigsten Geschäftsprozesse eines produzierenden Unternehmens, nämlich dem Produktentwicklungsprozess, ansetzen. Oft geht dabei unter, dass man mit Terminologiearbeit im Bereich Stammdaten mit weitaus effektiveren Auswirkungen – auch in ökonomischer Sicht – Standardisierung und Aufmerksamkeit im Unternehmen erzielen kann.
Stammdaten – ach, das sind doch bloß die Daten, die das ERP (Enterprise-Resource-Management-Programm) "bevölkern"? Ja, in der Tat – Stammdaten und ERP, das gehört schon irgendwie zusammen, aber ist nicht das ERP das zentrale Nervensystem vieler Unternehmen? ERP, das sind doch bloß interne Daten, da muss man nicht so auf Konsistenz und Einheitlichkeit achten? Weit gefehlt. Viele Daten aus dem ERP werden heutzutage direkt in PIM-Systeme (Produktinformationsmanagement) oder in Ersatzteilkataloge durchgereicht – und werden damit plötzlich zu externen Daten. Stellt man zu diesem Zeitpunkt schlechte oder inkonsistente Datenqualität fest, dann ist es eigentlich zu spät und vor allem viel zu teuer, mit der Datenbereinigung zu beginnen, denn viele interne und externe Dokumente sind zu diesem Zeitpunkt bereits erstellt und können nicht mehr geändert werden. Wo und wie also ansetzen?
Je nach System haben Materialtexte oder Materialkurztexte, wie sie z. B. bei SAP, einem der am weitesten verbreiteten ERP-Systeme, heißen, zwischen 30 und 40 Zeichen Platz. Viel Information kann man da nicht unterbringen. Oft beginnt es also damit, dass der Platz hier nicht ausreichend ist und dann begonnen wird, oft willkürliche und meist kryptische Abkürzungen, die auch für interne Mitarbeiter nicht identifizierbar sind, zu verwenden.
Immer mehr müssen diese zuvor als intern eingestuften Texte auch für offizielle externe Zwecke herhalten: Unternehmen, deren Produkte oder Ersatzteile schon das ein oder andere Mal im Zoll, sei es bei der Ausfuhr aus Deutschland, aus Gründen schlecht identifizierbarer Packlistentexte im Zusammenhang mit der Warentarifierung oder mit Exportkontrollmechanismen hängen geblieben sind, können ein Lied davon singen, mit welchen Kosten und Aufwänden es verbunden ist, solche Texte nachzubessern, geschweige denn verspätete Auslieferungen bei Kunden zu argumentieren und damit auch verspätete Zahlungseingänge im eigenen Hause.
Warum setzen dann betroffene Unternehmen nicht mit kontrollierter Terminologiearbeit an dieser Achillessehne an? Oft gibt es keine Terminologieressourcen im Hause oder es ist nicht bekannt, dass Terminologen hier unterstützen können. Und wie sieht konkret diese Unterstützung aus? Zum Beispiel, indem man eine Art Autorenunterstützung für Konstrukteure und Entwickler einführt, jene Zielgruppen, die diese Texte in erster Instanz anlegen. Wie kann diese Autorenunterstützung konkret ausschauen? Indem man Benennungskataloge für geprüfte Teilebenennungen und gegebenenfalls auch für Attribute, sowie deren standardisierten Abkürzungen, anlegt und veröffentlicht, und die Konstruktion entweder über Suchtools direkt aus ihren Systemen (CAD-Tool, PDM oder ERP je nach Workflow) oder durch importierte Auswahllisten in ihren Werkzeugen auf diese Bestände zugreift.
Natürlich können Dokumente, die z. B. auf der Basis von Stücklisten erstellt werden, wie z. B. Packlisten oder Ersatzteilkataloge zum Beispiel mit Werkzeugen zur Autorenunterstützung und Terminologieprüfung wie z. B. Congree u. a. geprüft werden, sofern es das Plugin für den jeweiligen Editor gibt. Nur fließen etwaige lokale Korrekturen nicht mehr so einfach in die Ursprungsdaten zurück, sondern können meist nur lokal im Zieldokument ausgeführt werden, da diese, sofern sie mit Zeichnungsdokumenten verknüpft sind, die einem strengen Versionierungsmanagement unterliegen, nicht ohne große administrative Aufwände im Nachhinein geändert werden können. Das bedeutet u. a. dass Texte von gleichen Teilen in anderen Listen oder Dokumenten der gleichen Art erneut geprüft und korrigiert werden müssen, weil die lokalen Korrekturen an dieser Stelle nicht ins Ursprungssystem zurückgeführt werden können. Einzig korrigierte Materialtexte von Daten, die nicht direkt mit einem Konstruktionsdokument verknüpft sind, wie z. B. von Norm- und Katalogteilen, können durch Upload, meist via csv, ins ERP zurückgeführt geführt werden.
Um jedoch so weit zu kommen, dass man Terminologiedaten zur Autorenunterstützung bereitstellen kann, muss man erst einmal entsprechende Datenbestände aufbauen. Auch hier kann für den Terminologen der Einsatz eines Autorenunterstützungstools hilfreich sein, so z. B. zum Identifizieren von Termkandidaten aus alten Stücklistentexten. Wichtigste Voraussetzung neben der Verknüpfung mit der Terminologiedatenbank und bereits bestehenden Beständen ist hier das Vorhandensein eines Prüfeditors für Excel, da ERP-Daten immer in Form von xls als Export bereitgestellt werden.
Daher ist es auch begrüßenswert, dass im Oktober das Congree-Plug-In für Excel verfügbar ist. Das Plug-In stellt eine neue Möglichkeit zum Prüfen von Stammdaten auf bereits vorhandene Terminologie und zum Identifizieren neuer Termkandidaten bereit. So kann auch der wichtige Stammdatenprozess terrminologisch besser bedient werden, während man sich bisher mit weniger effizienten Workarounds behelfen musste.
tl;dr
Terminologiearbeit immer noch nur mit Technischer Redaktion und Übersetzungen in Verbindungen zu bringen, ist zu kurz gedacht. Im Bereich Stammdaten bringt Terminologiearbeit weitaus effektivere Auswirkungen mit sich – auch in ökonomischer Sicht. Durch terminologisch optimierte Stammdaten können Standardisierung und Aufmerksamkeit im Unternehmen erzielt werden.